Eine Gespließte entsteht....

  • Hallo Leute,
    ich hab mir gedacht, vielleicht interessiert's ja wen, wie so eine Bambusrute -besser unter Gespließte bekannt - entsteht?
    Ich darf gleich vorausschicken, dass die Fotoqualität nicht berühmt ist, aber man kann schon was erkennen.
    Auch soll es kein Kurs im Rutenbau sein, sondern tatsächlich nur ein Überblick.


    Nun denn, fangen wir also mit dem wichtigsten Material an, nämlich dem Bambus. Dabei handelt es sich um eine ganz bestimmte Art aus der chinesischen Provinz Tonkin, von dem der Bambus auch seinen Namen hat. Diese Art ist auch unter Arundinaria Amabilis bekannt.
    Nachdem also ein schönes, gerades Rohr ausgesucht wurde, wird es einmal gespalten.
    Dann werden die Diaphragmen (die Trennschichten der Internodien) entfernt, und anschließend werden die Spleiße herausgearbeitet. Dabei wird nicht der Länge nach gesägt, sondern die Spleiße werden entsprechend dem natürlichen Faserverlauf herausgebrochen.


    Fortsetzung folgt....

  • Es geht weiter:
    Nachdem die Spleiße aus dem Rohr herausgearbeitet wurden, wartet eine Menge Arbeit auf den Rutenbauer:
    Es müssen die Spleiße unter Hitzeeinwirkung gerade gerichtet werden, die Knoten müssen verputzt und verpresst werden. Die Knoten müssen geschliffen werden,usw..
    Auch müssen die Knoten in die richtige Position gebracht werden, das sogenannte Staggering, damit die Knoten schön gleichmäßig auf die Länge der Spleiße verteilt werden - leider hab ich davon kein Foto gemacht. Dann werden die Spleiße abgelängt.


    Da ist noch lange kein Hindenken an das Hobeln der Spleiße.
    Auch wenn bisher noch alles sehr einfach aussieht, ist bereits eine Menge Wissen und einiges Geschick erforderlich.
    Die einzelnen Knoten müssen sorgfältig kontrolliert werden. Die Hitzeeinwirkung beim Verpressen der Knoten und beim Richten der Spleiße muss richtig dosiert sein. Der Bambus muss auf Fehler untersucht werden, u.v.m.
    Fehler die in diesem Stadium gemacht werden, wirken sich möglicherweise erst bei der fertigen Rute aus. )Oh


    Fortsetzung folgt...

  • Super interssant,freu mich auf die Fortsetzung.


    Das hat aber mit dem Attentat von Tonkin nichts zutun(Vietnamkriegauslöser) ?,schätze chin. Provinz und vietnamesische Meeresbucht heißen gleich...

  • Weiter gehts:


    Wie bereits erwähnt, erfordern die Blattknoten eine Menge an Aufmerksamkeit und Behandlung.
    Ob bei den Knoten sorgfältig gearbeitet wurde, ist an der fertigen Rute erkennbar. Aber davon zu einem späteren Zeitpunkt mehr.
    Wenn man bedenkt, das eine Gespließte normalerweise aus zwei Teilen (Handteil und Spitzenteil) besteht, und diese Teile wiederum aus jeweils 6 Spleißen, dann kann man sich vielleicht schon vorstellen, dass diese Arbeit nicht in 5 Minuten erledigt ist.
    In diesem Fall handelt es sich um eine zweiteilige Gespließte mit zwei Spitzen. Also 18 Spleißen!
    Bei diesen Spleißen muss natürlich auch noch die äussere Deckschicht, das sogenannte Email entfernt werden. Diese Schicht hat die Aufgabe, den Bambus zu schützen, und genau das merkt man beim Schleifen: es ist extem hart!
    Beim dritten Bild sieht man übrigens sehr schön, dass der Faserverlauf schön gerade durch die Knoten geht. Vor dem Richten war das anders, da hat's ausgesehen wie auf dem ersten Bild.


    Fortsetzung folgt....

  • Und weiter gehts:
    Eine der wichtigsten Arbeiten beim Gespließtenbau ist die Pflege der Hobelmesser. Diese werden auf Rasiermesserschärfe (!) geschliffen. Man kann ganz gut erkennen, wenn ich wieder mehr mit dem Gespließtenbau beschäftigt war, denn da hab ich auf dem linken Unterarm keine Haare, wegen der Probe der Schärfe. :D


    Nachdem endlich die ganzen Vorarbeiten erledigt sind, kommt langsam der interessantere Teil, nämlich das Hobeln. Dabei werden zuerst die einzelnen Spleiße auf ein parallel-Taper mit 60 Grad-Winkel gehobelt. Dies geschieht in der Vorhobelform, die ich mir aus EichenStaffeln selbst gemacht hab.
    Die Winkel müssen natürlich immer wieder kontrolliert werden. Auch hier gilt: Fehler die jetzt gemacht werden, wirken sich mit Sicherheit später aus. Und zwar möglicherweise so, dass sich lediglich die Tomaten im Garten über eine noble Stütze freuen, aber eine Fliegenrute wird nicht daraus.


    Am vierten Bild sieht man übrigens den Unterschied der Spleiße:
    Vor dem Hobeln und nach dem Hobeln.
    Ganz gut kann man auf der Stirnseite der Spleiße die dunklen Punkte erkennen, das sind die sogenannten Kraftfasern. Um genau diese geht es. Eine Gespließte besteht aus möglichst vielen dieser Fasern.
    Bei diesen Spleißen handelt es sich übrigens um die Spleiße für eine Spitze. Das bedeutet, da wird das meiste noch weggehobelt, am Ende bleibt am dünnen Ende nicht einmal 1 (ein) Millimeter übrig!
    Fortsetzung folgt...

  • Weiter gehts:


    Nachdem nun alle Spleiße auf 60 Grad vorgehobelt sind, geht's ans Härten.
    Dazu werden die Spleiße schon in der richtigen Lage zu Stäben zusammengebunden, und im Härteofen eine ganz bestimmte Zeit mit Hitze behandelt.
    Dabei hat jeder Rutenbauer seine eigene Methode, mit welcher Temperatur und mit welcher Zeit er arbeitet. Zuwenig ist nix, und zuviel ruiniert den Bambus.


    Am letzten Bild sieht man ganz gut, dass die Spleiße mit Kreuzwicklungen zusammengebunden wurden. Dies geschieht natürlich VOR dem Härten, aber auch hier hab ich leider das Foto vergessen. Aber ich denke, man kann sich das gut vorstellen.
    Diese Kreuzwicklungen werden natürlich nicht mit der Hand, sondern mit einer speziellen Vorrichtung, einem Binder gemacht. In meinem Fall mit einem Vierfadenbinder.
    Der Härtegrad des Bambus bestimmt einerseits die Farbe der Rute (natur, honigfarben, oder hellbraun), und andererseits, und das ist der wichtigste Grund für die Härtung, die Härte des Bambus. Je weicher der Bambus bleibt, desto flexibler ist zwar später die Rute, aber leider ist auch die Gefahr größer, dass sich ein sogenannter Set (die Rute wird krumm) bildet.
    Je härter der Bambus ist, desto geringer ist die Setbildung, aber dafür bricht sie leichter.
    Wie so oft im Leben, liegt auch hier die Wahrheit in der Mitte. Das allerdings bleibt eines der wenigen Geheimnisse, die ein Rutenbauer für sich behält. ;)


    Fortsetzung folgt...

  • Weiter gehts:
    An den abgebildeten Meßwerkzeugen kann man schon erahnen, dass jetzt der feinere Teil beginnt.
    Nachdem nun die Spleiße erfolgreich gehärtet wurden, kommt nun das finale Hobeln. Dabei werden die parallel gehobelten Spleiße in die endgültige Form gehobelt. Dies geschieht mittels einer speziellen Hobelform, die ich mir von einem Spezialisten in der Schweiz herstellen lassen habe.


    Bevor es allerdings ans Hobeln geht, muss diese Hobellehre genau auf die Tapermaße eingestellt werden. Dazu gibt es alle 127 mm (5 Zoll) eine Einstellstation.
    Dabei ist mit ausgesprochener Genauigkeit vorzugehen, da die Abweichung von 0.1 mm bereits eine Schnurklasse höher oder niedriger sein kann!
    Ich verwende zum Hobeln einen Handhobel von Stanley und einen Schabhobel von Lie Nielsen - mein absolutes Schmuckstück Ja).
    Mit dem Schabhobel werden die letzten Hundertstel Millimeter gehobelt.


    Fortsetzung folgt...

  • Man kann ganz gut den Unterschied der Spanstärke vom normalen Hobel, und vom Schabhobel erkennen.
    Auch glaube ich, sieht man ganz schön, in welcher Dimension beim Gespließtenbau gearbeitet wird, wenn man den gehobelten Spitzenspleiß mit der Kugelschreiberspitze vergleicht.
    Der Bambusspleiß ist dünner als 1 Millimeter.


    Nachdem nun alle Spleiße ihr Tapermaß erhalten haben, werden sie verklebt und wieder im Härteofen getempert.
    Davon hab ich aber mit Absicht keine Bilder gemacht, weil ich mir mit der Sauerei vom Kleber nicht die Kamera versauen wollte.
    Ich hab aber noch ein Bild von früher gefunden, wo man die Spleiße unmittelbar vor dem Verleimen sieht (Bild 4)


    Bisher war ja alles ganz einfach oder? ;)


    Fortsetzung folgt, aber in dem Fall erst wieder morgen.

  • Geht doch heute noch weiter:


    Nachdem die Spleiße also verleimt sind, verlangen sie nach Steckhülsen aus Nickelsilber, auch als Kupfernickel oder German Silver bekannt.
    Diese werden auf das passende Maß auf der Drehbank hergestellt.
    In unserem Fall würden 1 weiblicher Teil und zwei männliche Teile benötigt, aber da ich zwei Ruten parallel gebaut hab, hab ich nur einen Teil fotografiert.


    Diese Hülsen werden gebohrt, gedreht und auf einige wenige Tausendstel Millimeter einpoliert, damit sie einerseits halten, und andererseits wieder voneinander zu lösen sind. Dabei sollte ein typisches PLOPP zu hören sein.
    Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass dabei tatsächlch Metall auf Metall trifft, OHNE ÖL oder FETT dazwischen!

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