Hallo Freunde !
Wahrscheinlich schon zu den Anfangszeiten dieses schönen Forums wurde hier ein Beitrag über die Schleie verfasst, der – ähnlich wie die meisten damaligen Beiträge zu „Fischarten und deren Gewohnheiten“, meines Erachtens etwas zu rudimentär verfasst war und sich eher wie ein Wikipedia-Artikel las, als wie nach eigener Wahrnehmung und Beobachtung dargestellt.
Deshalb will ich hier versuchen, einiges über diesen faszinierenden Fisch, dem ich seit über 40 Jahren sehr gerne nachstelle, zu schreiben.
Im Mai 1972 war es, als ich als 12-jähriger Bub mit meiner Vollglasrute am Steg saß und schon eine erkleckliche Anzahl von Plötzen, Rotfedern und Brassen mit kleinen gekochten Kartoffelstückchen gefangen hatte, als plötzlich nach einem zarten langsamen Biss ein härterer Widerstand da war und ich zu meiner Freude meinen ersten „Edelfisch“, eben eine Schleie landen konnte. Der Bann war gebrochen, und ab da folgten bald mein erster Hecht, Karpfen, Zander, sodass ich die ganze Palette der besseren Fische aufweisen konnte, von denen die Erwachsenen auch redeten, sodass sie nicht mehr nur sagten „ah, sind eh nur Weisse (Weißfische), wenn ich stolz meinen Setzkescher mit Rotaugen und Brassen herzeigte.
In den Folgejahren, ab 1974 war ich nicht mehr nur auf Einladungen zu Privatwässern angewiesen, sondern war stolzer Besitzer von zwei Lizenzen (Donaukanal und Donaustadt). Und wieder waren es oft die Schleien, die mir den ersehnten „maßigen Edelfisch“ zum Eintragen brachten.
Neben dem Hauptfisch Karpfen wurden damals immer recht gut Schleien besetzt, und egal ob ich in den damaligen Ausständen des Überschwemmungsgebietes, oder später in den Mühlwässern oder der unteren Lobau bzw. da oder dort in Niederösterreich fischte, war vor allem im Mai die Schleie der „Fisch des Monats“.
Allerdings haben sich die Gewohnheiten dieses Fisches in den letzten 10-20 Jahren mehr und mehr geändert: Waren früher viele Gewässer noch viel weniger verkrautet, so wuchert heute der Pflanzenwuchs und auch ist der Wasserstand höher als damals, wo wir oft über Niedrigwasser klagten. Ebenso hat der Bestand des Welses, des Hauptfeindes der Schleie sehr zugenommen.
Daher ist die Schleie auch nicht mehr so wie früher einfach im freien Wasser zu finden, wo man sie oft, egal wo man hinwarf, oder was man als Friedfischköder oder Anfutter nahm, recht bald fing, sondern sie lebt so wie ursprünglich ganz versteckt im Verborgenen und ist nicht leicht aufzuspüren.
Hat man sie früher auch oft schon gleich nach dem Eis Anfang März gut gefangen, so läßt sie sich heute meistens mehr Zeit. Die ersten Schleien fange ich meistens, wenn man unter der Wasseroberfläche schon die Seerosen wachsen sieht. Das Wasser sollte dann schon einigermaßen erwärmt sein, und man fischt am besten in Ufernähe, ganz dicht neben Pflanzenbewuchs. Sehr gut sind kleine Kanten und winzige Ausbuchtungen im Ufer. Gerade Uferstriche scheint dieser Fisch nicht so zu lieben. Oft fängt man ihn am besten dort, wo man sich gerade noch hineinzwängen kann. Ideal wäre, den Grund am Vortag mit einer Harke zu bearbeiten, aber da ich meistens nur „auf Sprungkommando“ an´s Wasser komme, fiel das bis jetzt meistens flach.
Meistens muss ich gar nicht im eigentlichen Sinn werfen, sondern ziehe einfach ein paar Klänge von der Rolle ab und „lege“ den Köder mit der sensiblen Federkielpose ganz sanft vor dem Kraut in Ufernähe ab. Ich glaube, für diesen Fall wäre sogar eine einfache Nottinghamrolle viel besser geeignet als die Stationärrolle.
Jedes Jahr muss ich auf´s Neue Stellen suchen, wo die Schleie anzutreffen ist. Ein Platz, der im Vorjahr gut war, kann dieses Jahr von Karpfen, oder noch schlimmer, von laichenden Brassen frequentiert werden. So ist es mir auch unlängst passiert. Eine Top Stelle wäre es gewesen, aber bei Abenddämmerung kreuzten auf einmal hektisch mehrere große Brassen dort herum, und das bedeutet keine Chance mehr für Schleien.
Beim Futter wähle ich dunkle Brösel aus Vollkorn oder Schwarzbrot, vermengt mit zerhackten kleinen Würmern oder einem eher herb riechenden dunklen Lockfutterzusatz.
Als Köder hat sich am ehesten der kleine Kompostwurm bewährt. Damit er nicht zu schnell abgefressen wird (Beifische sind teuflisch beim Schleienfischen), habe ich mir angewöhnt, auf die Hakenspitze eine Kunstmade (die sind von Berkley glaube ich) draufzupieksen.
Man soll sich nicht ärgern, wenn man nicht gleich eine Schleie fängt, oder einige Tage alles, nur eben keine Schleie fängt. Hat man die richtige Stelle gefunden und probiert mehrere über die Jahre gängige Plätze durch, ist der erste „Goldbarren“ bald gesichert ! Dafür aber ist es unglaublich wohltuend, EINMAL nicht nur ZIELFISCH PUR ohne WENN und ABER zu fangen ! Kommt Bewegung in die Pose, müssen wir uns überraschen lassen ! Entweder es ist ein nur spannelanges Rotauge oder Barsch, oder es gibt harten Widerstand und schon geht die Flucht eines ansehnlichen Karpfens los.
Wenn ich Euch verrate, welche Beifische ich schon gefangen habe beim Schleienfischen:
Neben Plötze, Blei, Güster, Rotfeder und natürlich Karpfen, was wohl die häufigsten sind, hatte ich schon ein paar Mal eine wirklich beachtliche Karausche, einmal einen Kaulbarsch, einmal einen kleinen Wels, einmal einen Großbarsch mit 38cm, einen dicken Aal, und sogar einmal einen schönen Zander (auf Rotwurm! Natürlich in der Schonzeit und wieder zurückgesetzt).
Natürlich, wenn Bewegung in die Pose kommt, setze ich jedes Mal zu einem Stoßgebet zu unserem Schutzpatron an, es möge eine Schleie sein.
In einem meiner ersten Fischbücher 1972 (Paul Parey-Verlag: Eckehard Wiederholz-Angelpraxis in Bildern) konnte ich alle Begleittetxte zu den Bildern bald auswendig:
Bei einem Bild einer Pose, mit kleinen Wasserringen rundherum vom Zupfen der Pose stand „Naaa, wer zupft denn da so aufgeregt und bringt die Pose andauernd zum Tanzen? Das kann doch nur eine Schleie sein !“.
Ich neige bei meiner Lieblingsbeschäftigung, dem alleinigen Fischen manchmal zu Selbstgesprächen. Wenn nun also die Pose nicht zügig abtaucht wie bei einem gierigen Kleinbarsch, oder sich plattlegt wie bei einem Brassen, sondern so anmutig langsam zu spielen beginnt, dann sage ich den obig zitierten Satz „Naa, wer zupft denn da so aufgeregt……, das kann doch nur eine Schleie sein!“.
Manchmal stimmt es dann ja. Die Geduld wird auf eine harte Probe gestellt. Zupfen, Pause, Zupfen, Pause, ….ad infinitum. Ich murmle „nun muss sie ihn doch nehmen, nun nimm ihn doch bitte !“. Die Pose bleibt stehen, der Wurm ist weg.
Aaaber: beim 10, Mal „nun nimm ihn doch, willst mir doch keinen Kummer nich bereiten“ (manchmal verfalle ich in´s berlinerisch angehauchte, ist so ein Tick von mir) .
Und DANN ! Faszinierend dieser merkwürdige Kontrast. Der träge langsame, heikle, zögernde Fisch entpuppt sich auf einmal als blitzschneller Gegner. Für die doch relativ geringere Größe im Vergleich zum Karpfen entwickelt er erstaunliche Kraft, aber vor allem sind die Bewegungen im Drill unglaublich flink. Ich habe sogar schon erlebt, dass die sonst verschlafene Schleie im Drill gesprungen ist wie eine Forelle !
Und dann kann ich den schönen Fisch begutachten, ein kleines Geheimnis, sozusagen vor meinen Füßen aus dem Trüben gefischt, vermischt mit dem Eindruck des Abendduftes, den der Auwald und das Gewässerufer im Mai verbreitet.
So „unbedeutend“ dieses Erlebnis im Vergleich zu Big Game, oder PB-Marke Knacken sein mag, ich fühle mich jedesmal unglaublich „reich“ nach dem Fang einer Schleie…….
Danke für´s Lesen.
Euer Lupus