• Hallo Freunde !


    Irgendwann im Herbst schrieb hard eine bezaubernde Geschichte über einen alten Angler an seinem Revier, der mit recht archaischen Methoden noch ganz im Stil unserer Großväter seinem Hobby nachging.


    Diese Geschichte hat mich einigermaßen beschäftigt, sodass ich eine ähnliche Begegnung aus meiner Jugend schildern möchte:


    Schon seit meinem 14. Lebensjahr war ich selbstverständlich Inhaber einer Jahreskarte für ein Wiener Revier, wo ich jede vom Schulstress freie Minute verbrachte.I


    Ich war damals natürlich noch nicht motorisiert. Meine Fahrt vom 13. Bezirk in die Lobau bestand aus zuerst Straßenbahn Linie 60, , dann Stadtbahn Linie Wiental-Donaukanal bis Schwedenplatz (U-Bahn gab es noch nicht), dann Straßenbahn Linie „B“ oder „Bk“ bis Schüttauplatz beim Gänsehäufl, und dann der Dr. Richard Bus 22 A, der alle 40 Minuten fuhr. Und das ganze in umgekehrter Reihenfolge zurück.



    Was das Fischen als Jugendlicher betraf: Noch gab es nicht die heute verstärkte Jugendmission seitens des Verbandes, sodass man als Jugendlicher einer rechten „Rang und Hackordnung“ unterworfen war, wo man sich gegenüber einer alteingesessenen Riege gegenübersah, die langhaarigen Teenagern bestenfalls skeptisch, schlimmstenfalls auf recht unwirsche Art („schleich di, deppata Bua deppata, do hob i angfüttert, des is mei Platz“) begegnete.


    Fischen in „freier Wildbahn“ bedeutete also eine rechte Feuertaufe. Umso erfreulicher war daher eines Tages die Begegnung mit einem symphatischen alten Fischer, der gleich recht freundlich mit mir ins Gespräch kam.


    Ich versuche jetzt, den alten Herrn etwa solcherart zu beschreiben:
    Er trug trotz brütender Hitze einen schweren schwarzen Gummimantel, eine alte „Sportkappe“, und sein schmaler Oberlippenbart á la Clark Gable verlieh ihm trotz seiner Fischerkluft irgendwie das Flair eines Kavaliers alter Schule, verstärkt durch einen etwas nasalen „Wiener Salondialekt“.


    Er fischte mit 2 etwas ungleichen Ruten: Einer ca, 3m Hohlglas-Steckrute, sowie einem Ungetüm einer grauen Teleskoprute ca. 4,5m, beide mit Pfauenfederkiel und der damals üblichen, schrecklich umständlichen und unpraktischen, aber in Wien gängigen Methode der „Doublette“, das heißt, an jedem Zeugl 2 Vorfächer, ein kurzes mit einem Teigknödel, und ein langes mit einem Tauwurm.


    Ich war damals schon ein für mein Alter recht versierter und praktisch denkender Fischer, weshalb mir seine Methode recht amüsant vorkam: Während ich einen kleinen Fischerrucksack mit praktischen Fächern hatte, war „Opa“ mit einer großen alten Ledertasche unterwegs, deren Hauptinhalt ein „Gerätekasten“ war, mit 3 Etagen und lauter kleinen Fächern, in denen wieder in dutzenden kleinen Behälterchen wie alten Medikamentenschachterln, Zigarrenschachterln, Kandisinfiolen etc. die ganzen Kleingeräte wie Bleikugerln, Haken, Korkkügelchen, „Böhmische Bissanzeiger“ etc. untergebracht waren. Jedes Behältnis war fein säuberlich mit Gummiringerln fixiert, damit es nicht aufgeht.


    So saß er etwas weltverloren wirkend da, meistens eine Zigarillo mit Mundstück rauchend, und nicht besonders aktiv fischend.


    Machte der Schwimmer einen kleinen Ruck, oder bewegte sich das „Bummerl“ einen Fingerbreit nach oben, redete „Opa“ mit seinem nasalen Salondialekt auf den imaginären Fisch ein: „Nooo, Schatzerl, nooo was is ? Geht es noch ein bisserl, na komm Schatzerl, geh nimm doch den Köder in den Mund....., nooo wannst ned willst, mocht des auch nichts, hob mi gern, du kannst mich am Goldzahn küssen...“


    Ich freundete mich mit dem alten Herrn an und suchte von da an immer wieder seine Nähe. Er wurde fast so etwas wie eine Großvaterfigur für mich. Ich hatte zwar liebe und verständnisvolle Eltern, aber meine Großväter waren bereits in der ersten Hälfte der 60er Jahre verstorben.


    So fischte ich von nun ab vermehrt in Gesellschaft vom „Opa“, der mir bewegte Geschichten aus seiner Vergangenheit erzählte. Pensionierter Zahlkellner in einem altehrwürdigen Wiener Hotelrestaurant war er, und ein großer Weiberheld muss er auch gewesen sein, da er gerne seine amourösen Abenteuer preisgab und mich auch ausfragte, ob ich denn schon eine Freundin hätte, was ich verneinen musste, worauf er lachend meinte, ich bräuchte einmal ein anständiges „Schulschiff“. . . . . . . .


    „Wenn Du heute einen maßigen Edelfisch fängst, lade ich Dich nachher zum Wirtn auf ein Getränk ein!“ , war immer sein einleitender Spruch zu Beginn des Fischens. Tatsächlich war meistens ich der „Sieger“, denn „der Opa“ hatte keinen allzugroßen anglerischen Ehrgeiz. Hatte ich also einen maßigen Räuber, einen Karpfen oder eine Schleie im Setzkescher, ging es nach dem Fischen zum nahen Lobaugasthaus.
    Diese Gasthausbesuche hatten es auch in sich. „Opa“ mit seiner unvermeidlichen Zigarillo (Marke „Kavalier“ war es!), fixierte die reschen Kellnerinen regelrecht mit Blicken auf Po und Decolleté, und bei der Bestellung griff er nach ihrer Hand und sprach sie mit „Schatzi“ an.
    Irgendwann sagte er auch wohl „Schatzi, mein junger Freund da neben mir, der schaut Sie immer so begehrlich an, wär das nix?“, worauf ich dunkelrot im Gesicht wurde und den Blick senkte. „Bua, so wird das nichts, Du darfst nicht schüchtern sein! Ich wie ich jung war......, ich könnt Dir Sachen erzählen....“.


    Wie ich weiter oben erwähnt hatte, war ich damals noch nicht motorisiert und mein größtes Schreckgespenst war immer, den letzten Bus um 22 Uhr zu verpassen und zu Fuß bis nach Stadlau oder Kaisermühlen gehen zu müssen. „Opa“ war allerdings motorisiert. Nicht etwa mit dem Auto unterwegs, sondern mit einem Moped, einer gelben KTM75. Und so kam ich vermehrt in den Genuss, aufsitzen zu dürfen und wurde nach Kaisermühlen zur Straßenbahnhaltestelle gefahren.


    Freunde, diese Mopedfahrten muss ich Euch unbedingt schildern. Wie ich bereits sagte, die fischereiliche Logistik des „Opa“ war etwas umständlich, und dementsprechend verlief das Zusammenpacken beim Ende des Fischens. Während ich blitzschnell meine Ruten zusammengesteckt, den Kescher zusammengeklappt und den Rucksack umgehängt hatte, dauerte es beim „Opa“ mindestens eine halbe Stunde. Jedes einzelne Teil wurde mit dutzenden Gummiringerln umwickelt, auf die Haken kamen Korkstopperln, dann die Ruten in die Stofffutterale, dann wieder mit ein paar Gummiringerln umwickelt. Dabei sagte er sich immer selber laut vor, was er gerade wohin gibt, sozusagen als Checkliste: „Daaas da kommt daaaa her, dass da kommt dort hin, das kommt da eini, das kommt dort eini...... (ad infinitum!).


    Dann wurde das Moped regelrecht aufgezäumt: An jeder Seite wurde eines der langen Rutenfutterale angebunden. Der große Köderfischkessel aus Blech wurde auf den Gepäcksträger geschnallt. Darüber befand sich die große alte Lederaktentasche, in der sich Gerätekoffer, Klappstockerl und Klappkescher , und ganz ganz selten auch ein Fisch befanden. Und dann saß ich noch auf. Mit Rucksack umgeschnallt, die beiden Rutenfutterale in der Hand, und los ging es. Helmpflicht gab es damals noch keine ! Schade, dass es kein Foto von einer solchen Mopedfahrt gibt !


    Unser guter „Opa“ war übrigens Jahrgang 1909. Gut in Erinnerung sind mir noch einige seiner altmodischen , zum Teil auch etwas naja, ähäm … aus einer gewissen anderen Zeit stammenden..... Ausdrücke in Erinnerung. Diese Begriffe kamen einfach irgendwann immer, wenn man sie nicht erwartete:


    Ein Beispiel: Wie gesagt, ich war noch ein grüner Junge. Umso mehr freute es mich, als unsere Klasse beim nächsten Schulschikurs gemeinsam mit einer deutschen Schulklasse voller kesser Mädels im Schiheim untergebracht war. Und dort kam ich endlich das erste Mal einem sogar recht hübschen deutschem Mädel näher. Und nach dem kurzen Intermezzo schrieben wir uns einige Monate lang heftige Liebesbriefe, Teenagerromantik dazumal (heute wohl kaum mehr vorstellbar).


    Stolz erzählte ich beim nächsten Fischen dem „Opa“ folgendes: Du Opa (ich nannte ihn inzwischen tatsächlich so !), Du Opa, stell Dir vor, die deutschen Mädels sind ganz anders als die unsrigen. Da war eine ganz Hübsche, und die konnte ich gleich küssen, OHNE dass ich sofort eine Ohrfeige gekriegt hätte, wie sonst immer bei unseren Mädeln in der Klasse.... ! Und wir schreiben uns jede Woche mehrmals, ist das nicht schön ?“


    „Opa“ schmunzelte und sagte in seiner nasalen Art: „Nooo, da wird die REICHSPOST a Freud haben, dass sie so einen schönen Umsatz macht, wenn Ihr Euch so viel schreibt“.


    „Die bitte WAS?“.... fragte ich. „Noo, Du hast doch gsagt des Mädl is a Reichsdeutsche, na und das geht doch über die Reichspost, und die machen jetzt a schönes Geld mit dem ganzen Briefporto. Deshalb wern sie sich freun !“


    Aha, ähm, ups.... da war jemand ein bissl in einer „anderen“ Zeit stehngeblieben, nicht wahr ?


    Aber es steht mir nicht zu, darüber jetzt zu urteilen.


    Auch andere, weniger bedenkliche Ausdrücke sind mir noch in Erinnerung: Beim Bestellen der Getränke bei der Kellnerin: Opas ständiges Getränk war 1/8tel Wermut mit 1/8 Mineralwasser vermischt. Nicht Wermut mit Soda, denn zu kohlensäurehältig, sondern Wermut mit Mineralwasser. Nun war mir allerdings zunächst völlig unverständlich der Ausdruck, den er für Mineralwasser verwendete: „Gieß“ sagte er.


    Seine Bestellung lief also folgendermaßen ab: Die Kellnerin kommt zu uns an den Tisch. Opa greift nach ihrer Hand. Die Kellnerin schaut sich hilfesuchend um, und Opa, immer noch ihre Hand haltend sagt „Schatzi! …...... (Pause).... Schatzi, bring mir a Achterl Wermut mit an Achterl Gieß.......z´sammgschütt!......, worauf er endlich ihre Hand losließ und mit beiden Händen andeutete, wie man „z´sammschüttn“ tut. Scheinbar hat es so um 1975 noch Wirtshauspersonal gegeben, das mit dem Ausdruck „Gieß“ = Mineralwasser etwas anfangen konnte.
    Warum sagte man „Gieß“? Es gab damals scheinbar in Gießhübl (südlich von Wien in der Nähe von Mödling) eine Mineralwasserfabrik, und es hieß „Gießhübler Wasser“, scheinbar im Kellnerjargon abgekürzt „Gieß“ genannt....


    Ich könnte noch vieles erzählen, lasse es aber dabei bewenden, dass die Jahre vergingen. Ich machte bald meinen Führerschein. Opa wurde zunehmend gebrechlicher, sodass endlich ich meinen Teil beitragen konnte und ihn jedesmal mit dem Auto zum Fischen abholte und wieder heimführte und ihm mit seinem Fischerglump über die Stiege half. Der „Opa“ blieb er für mich nach wie vor.


    Längst weilt er in den ewigen Fischgründen. Dort seien ihm die Fische vergönnt, die er auf Erden nicht so häufig fangen konnte, und in den himmlischen Wirtshäusern möge er sich an Engerln in Form von drallen Kellnerinnen in Dirndl mit tiefem Decolleté erfreuen, denen er die Hand so lang er will halten kann, und die ihm ohne hilflos zu schauen, sein „Achterl Wermut mit einem Achterl Gieß …..z´sammgschütt“ servieren.

  • Hab deine Geschichte auch mit Schmunzel gelesen....kommen auch wieder alte Erinnerungen zurück:-))Gänsehäufel...offene strassenbahn....Überschwemmungsgebiet.....Stürzellacken,wo ich mit meinen vater und onkel meine ersten Erfahrungen mit einer Angel machte.
    Hatte auch das Glück das mich 2 Alte Fischer mich unter ihre Fittiche nahmen.Kann mich noch gut erinnern an unsere Köder damals.Polentateig,Himmeltauteig mit butter,angekochte Kartoffel halb geschält und aufgefadelt:-)Gekochten mais,wurm,maden.
    Auch unsere "Bummerln" ware damals auch "Hightec"Styrophorbummerl,windringe aus plastk von dicken kabeln,und für die zanderjagd war das obligatorische Steinchen auf der schnur was am boden lag.Wenn dann der biss gekommen ist ,flog es durch die luft:-)Oder aus dem Alupapier von der Zigarettenschachte,ein U gedreht:-)) und in die schnur eingehängt
    Später kam auch der Kürbiskernteig dazu.Ich fischte auch mit doppelhaken System,doublette.War oft erstaunlich was da für Kombis anbissen..... Nicht zu vergessen das die 2 wenn sie auf zander fischten und ein biss kam,sofort sich eine zigi anrauchten,weil das musste sein,grins...
    Jeder hatte seinen Platz und das wurde auch respektiert.
    Habe angefangen zu Fischen auf der Rinne wie sie gerade im Endstadium war beim bauen.wenn Laichzeit war bei den Brachsen war auf Hunderte Meter das ufer Weiss von der Gicht...4 meter stipprute und gemma....
    War eine Schöne zeit:-)))))Danke mein Namens Vetter für das auffrischen.....

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