Zander kulinarisch vor längerer Zeit

  • Hallo Freunde !


    Heute hat mich Ercan zu einer Geschichte inspiriert:


    ERSTER TEIL


    In meinen jüngeren Jahren war ein Fixstern meiner sommerlichen Fischerei der beschauliche abendliche Ansitz auf Zander mit totem Köderfisch.


    Ich kann sagen, dass in der Zeit von den späten 70er Jahren bis in die ersten Jahre des 21. Jahrhunderts überhaupt das Ansitzangeln 90% meiner fischereilichen Tätigkeit ausmachte. So wie es manche von Euch gerne praktizieren, ich denke jetzt besonders an die letzten Fangmeldungen von @Ercan, war ich nach heißen Sommertagen im Büro und anschließendem Faulenzen im Garten geradezu darauf erpicht, gegen Abend die knappe halbe Stunde zu meinem Revier zu fahren, schnell ein paar Köderfische zu fangen und dann mit einer Grundangel, ganz simpel nur mit einem Stückl zusammengedrückter Silberfolie als „Bissanzeiger“ darauf zu warten, wenn zur „magischen Stunde“ bei Einbruch der Dunkelheit auf einmal die Schnur zu laufen begann und nach Fühlungnahme ein schöner Zander mit seinen typischen Kopfstößen dagegen kämpfte, an Land befördert zu werden.


    Die nunmehrige Geschichte spielte sich zu der Zeit ab, als ich meine liebe Frau kennengelernt hatte. Liebe kennt keine Grenzen, und so waren es 1000 km, die uns die paar Jahre bis zu unserer Eheschließung getrennt hatten. Urlaub im eigentlichen Sinne machte ich damals praktisch gar nicht, sondern fuhr alle 4 Wochen für paar Tage inklusive Wochenende, zu einer Zeit, als Autobahn östlich von Wien noch Zukunftsmusik war, nachmittags nach Dienstschluss im Nonstop nur mit ein paar Lulu-Pausen die 1000 km zu meiner Liebsten. Ein richtiger Ritter der nächtlichen Landstraße war ich ! Dörfer, Felder, dunkle Wälder, aber auch schon hin und wieder größere Städte wechselten sich ab, dunkel war es und nur wenige Autos waren nächtens unterwegs, man musste nur auf unbeleuchetete Radfahrer und Pferdefuhrwerke achten. In der linken das Lenkrad, in der rechten eine Schnitzelsemmel, ein Schluck Kaffee oder Cola, so gings die ganze Nacht dahin......, ich kannte sowieso die Strecke wie meine Hosentasche.


    Während der langen Wochen der örtlichen Trennung, wo ich in Wien war, hatte ich „Zeit wie Mist“. Beruflich war ich noch nicht so eingespannt wie heute, und obwohl ich den meisten Teil der Freizeit mutterseelenalleine war, machte mir das nicht das Geringste aus, denn ich wußte, dass in einem entfernteren Land die andere Hälfte meines Herzens simultan mit meinem Herzen schlägt. Der einzige Luxus waren hohe Telefonkosten, eh klar.
    Zum Fischen hatte ich reichlich Zeit, dreimal die Woche bis 23 Uhr am Wasser sitzen, auf den Zander oder Karpfen zu warten und natürlich still an meine Liebste zu denken, war mein größter Genuss.


    Um gleich mit offenen Karten zu spielen, hatte ich meiner Liebsten natürlich von Anfang an gesagt, dass meine liebste Freizeitbeschäftigung das Fischen ist. Sie meinte damals lachend, dass das sicher ein gesundes Hobby ist, nur dass sie dazu überhaupt keinen Bezug hat. Fisch kenne sie höchstens aus der Tiefkühlpackung, kann aber sehr gut auch ohne Fischmahlzeit leben.


    Dennoch muss sich da mein Ur-Instinkt als Mann gerührt haben nach dem Motto „Mann bringt essbare Beute heim“, denn ich fragte meine Angebetete, ob sie nicht mal einen Fisch von mir essen will, ich könne daheim in Wien meinen Fang einfrieren, packe ihn dann in die Kühltasche, und wenn ich Glück habe, ist er nach 11-16 stündiger Fahrt (je nach Willkür der Grenzbeamten) zwar aufgetaut aber noch unverdorben am Ziel.


    „Ja, warum nicht, wenn Du willst und glaubst, bring eben einmal auch einen Fisch mit“, meinte sie.
    Welcher Fisch es denn sein möge, fragte ich, denn nicht jeder Mensch mag jeden Fisch. Naja, ihr Lieblingsfisch sei der „merluciu“ (zu deutsch: Bei uns wird das als „Seehecht“ angeboten, ist bekanntlich ein Meeresfisch, ich glaube aber einer von der dorschartigen Sorte) , den habe sie immer gern gegessen, den gibt’s tiefgekühlt und der hat keine Gräten.


    Ich lachte und sagte, damit könne ich nicht dienen, denn das ist ein Meeresfisch. Ach so, sagte sie, keine Ahnung, ich bin ein Stadtmensch, Fische sind mir eigentlich totaaaaal wurscht........
    Ups, egal, meine Zielgruppe als Partnerin war sowieso noch nie eine Fischerin oder große Naturanbeterin, sondern eher die modisch-hübsche Prinzessin, weil fischen und Liebe sind für mich „zwei paar Schuhe“ …..


    Also, sprach ich, wie wärs mit einem Karpfen, den kann ich gut filetieren und transportieren.
    „Karpfen“ ? Bäääh, ich glaub irgendwo vor Jahren war ich mal eingeladen, da gabs nen Karpfen und der war total grauslich, sagte sie. Nein, bring keinen mit.


    Spätestens jetzt hätte ich merken müssen, dass ihr meine Fische eigentlich totaaaaal wurscht waren, Essen spielt für sehr modebewußte Frauen sowieso nicht die Hauptrolle im Leben.
    Aber da war dieser blöde Instinkt „Mann bringt Frau essbare Beute“. Deshalb ließ ich in meiner Naivität wohl nicht locker und kam mir der erleuchtende Gedanke ZANDER !!!!!


    Du, sagte ich, Zander wäre was für Dich und Deine Familie, der ist soooo gut, hat fast keine Gräten und ist eh noch viiiiiel viiiiiel besser als der tiefgekühlte Seehecht. Das garantiere ich !
    „Zander ? …... kenn ich nicht, wurscht, wenn Du sagt der ist gut und schmeckt nicht schlechter als Seehecht und hat kaum Gräten, dann bring ´halt in Gottes Namen einen mit, wenn er mir nicht schmeckt, ess ich ihn eben nicht.


    Und so geschah es. Kaum in Wien, wurde nach Kräften auf Zander gefischt.


    …..............Wie wird es weitergehen ? Werde ich Erfolg haben ? Wird der Zander gut am Zielort ankommen und auch kulinarisch Gefallen finden ?
    Das alles erfahrt Ihr dann im Zweiten Teil demnächst.

  • Sehr nette und amüsante Geschichte Gerhard .. danke Dir Io)


    Und so wie ich Dich kenne, hast Du natürlich einen Zander gefangen und ihn Ihr perfekt zubereitet ... :D
    Oder der Zander wollte partout nicht beissen und du hast Ihr ein Karpfenfilet als Zanderfilet "verkauft" und Ihr hats trotzdem geschmeckt /wItz

  • Danke für den Beginn eines wie bereits mehrfach gehabtes "Lupusgschichterl", Gerhard. )jAaa


    Das wird ein "Zanderkrimi" vom Feinsten, nach dem Prolog Io)


    Warte schon auf die Fortsetzung.....

  • kL$kL$kL$kL$
    Danke wieder mal für ne Spitzen- Story!


    Da ich Zander mit positiven verbinde wird die Gschicht schlussendlich gut ausgehen!


    Gerhard dieses Gefühl kenne ich gut, wenn ich einen Fisch Heim bringe-
    so nach dem Film mit Tom Hanks : "ICH habe einen Fisch gefangen, ICH!!"


    Bin gespannt auf die Fortsetzung!

  • Hallo Freunde !
    Danke für Eure Zeilen. Ich habe mich sehr amüsiert über Eure Spekulationen, wie es weiter gehen wird. Da aber die Erzählung wie ich jetzt merke, doch wahrscheinlich 3 Teile haben wird, können nicht alle Fragen und Spekulationen im heutigen Teil behandelt, bestätigt oder entkräftet werden.
    Also denn, gehen wir zum


    TEIL II


    Wieder war ich in Wien angekommen, und wieder gute 4 Wochen Strohwitwer, also ging es los mit der Zanderfischerei.
    Dazu ein kleines Intermezzo:


    Zu jener Zeit wurde in Wien und Umgebung relativ wenig auf Raubfisch geangelt. Sprach man mit einem anderen Fischer, der nicht vielleicht gar ausschließlich die Fliegenfischerei betrieb, so lautete die Antwort sehr sehr oft: „iiii bin a reiiiiiiner Karpfnfischer !“
    Manchmal im Herbst legte der eine oder andere mal ein Köderl auf „aaan Heeecht´n“ aus, wogegen der Zander für viele ein Buch mit sieben Siegeln war. Aja, ein Wiener oder Ostösterreicher, der etwas auf sich hielt, nannte diesen Fisch nicht Zander sondern „Schill“ , im breiten Wienerisch „Schüü“.


    Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich als 14-15 jähriger das erste Mal auf Zander zu fischen versuchte und dies einem der karpfenfischenden Kollegen daneben sagte. Der lachte, zeigte mit seinem Zeigefinger auf seinen Goldzahn (damals noch häufig zu sehen) und sprach: ….. „a Zahnderl wüüst hobn, biiiiite sehr , do schau her, do host a Zahnderl, HAHAHAHAHA !“


    Ha ha ha, dreimal kurz gelacht.


    Zuletzt lacht es sich am besten, und zwar deshalb, weil bei mir die Saat aufgegangen war. Bald war nämlich der Bann gebrochen , und nach und nach bekam ich einen ziemlich guten Draht zu diesen Fisch, sodass mich die alten Fischer beim Stammtisch nicht mehr „Geeertschi-Bua“ nannten, sondern den „Zander-Gertschi“ bzw. den „Schüü-Gertschi“.


    Ein wirklich ehrenhaftes „upgrade“, wie man heute wohl sagen würde.


    Ich möchte nicht sagen, dass der Zanderbestand damals unbedingt besser war als heute, sogar eher schlechter, weil der Hecht viel viel häufiger war, aber es gab kaum Literatur über diesen Fisch, er wurde selbst unter Raubfischanglern eher als „Auch-Fisch“ behandelt. Undenkbar in der heutigen Zeit, wo sich die Angelindustrie die Köpfe einschlägt wegen noch attraktiveren und noch „walleye-killerischen Fangmaschinen“, wo man an jeder Ecke Videos der Zander-Gurus kaufen kann, die einem das sooo leicht und schmackhaft servieren, dass man wirklich glaubt, man muss nur „mal kurz an den Fluss schaun, mit Faulenzermethoden faulenzen, mit Agressiv-Progressiv -Negativ Reizung attackieren, oder Vertikal-Diagonal-Horizontal droppen und shotten.....


    Der Zander ist misstrauisch geworden. Seien es die vielen Kunstköder, die täglich nach allen Perspektiven durchs Wasser gejiggt, getwistet, getwitcht werden und unseren Raubfisch bald das Fürchten lehren, oder seien es die vielen vielen toten Köderfische der in Reih und Glied aufgefädelten Ansitzangler, wo sich der Zander denkt, lecker lecker, aber sooo viele tote Fischerln und an jedem ein Haken, da stimmt doch was nicht......
    Wie gesagt, damals hatte ich die gar nicht so häufigen Zander für mich alleine. Drei oder vier Hotspots kannte ich, wo tatsächlich eher mit einem Zander als mit einem Hechtjüngling oder einem vorwitzigen Schnürsenkel von einem Aal zu rechnen war.


    Es galt also jetzt vor meiner nächsten Reise zu meiner Liebsten, einen anständigen Zander zu fangen der für eine Familienmahlzeit ausreicht, denn auch ihre Mutter, Bruder und dessen Frau und natürlich wir beide sollten satt werden.
    Meistens waren die Zander, die man fing, so ca. 1 – 1,5 kg schwer, wenn man überhaupt einen Maßigen erwischte, denn es überwogen die Jungfische.
    Es war übrigens ein genauso heißer Juli wie wir es jetzt die letzten Tagen erlebt haben. Sobald sich die Sonne neigte, fuhr ich zum Wasser, fing einige Köderfische, ließ mich gemütlich nieder und wartete auf den Einbruch der Dunkelheit.

    Schon am ersten Abend konnte ich, als es schließlich ganz dunkel war, einen Kilo-Zander fangen, und wenige Tage später kam Kilo-Zander Nummer 2. Na bitte, einen in der Größe noch und es reicht für ein Abendessen mit Familie. Beim dritten Angelabend hatte ich allerdings besonderes Glück und fing kurz vor Fischereiende einen prächtigen 3 Kilo-Zander.

    Jaaa ! Der wird unser Speisefisch, der ist genau ideal für 5 Leute, und so wurde er daheim schön portioniert und eingefroren. In den nächsten Tagen aß ich dafür die beiden kleineren Zander alleine für mich.
    Natürlich teilte ich meinen Fang und die Aussicht auf ein leckeres Fischessen stolz per Telefon mit. Heute weiß ich, dass es meiner Frau nur darauf ankam, überhaupt meine Stimme zu hören. Ob ich einen Zander fange oder nicht, war ihr wie gesagt wurscht und wahrscheinlich war es auch dieser angeborene weibliche Nachsichts-Instinkt, den selbst sehr junge Frauen haben, wenn der Mann aufgeregt wie ein Kind irgendeine Heldentat von seinem Hobby schildert, wo man als brave Mama, Schwester, Freundin, Frau – völlig egal – pflichtschuldigst sagt „jaaa, guuut hast Du das gemacht, jaaa, find ich auch toll, ganz wie Du sagst ….....“
    Nun, jedenfalls, den Fisch hatte ich jetzt in Filets schön luftdicht verpackt im Kühlschrank liegen und der Tag der Abreise nahte.


    Das weitere werdet Ihr im dritten Teil erfahren.

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